Mark Tauber
Deutsches Schulterzentrum in der ATOS Klinik München, München, Deutschland
Zusammenfassung
Hintergrund
Verletzungen des Ellenbogens passieren bei Wintersportarten gehäuft. Durch die hohe Dynamik und Sturzgefahr mit Abfangbewegungen der Arme ist das Ellenbogengelenk Verletzungen vermehrt ausgesetzt. Die häufigste Verletzung ist dabei die Luxation des Ellenbogens.
Behandlung
Rein ligamentäre Instabilitäten können bei zentrierter Position in der Bildgebung nach Reposition in aller Regel konservativ und frühfunktionell behandelt werden. Bei persistierenden symptomatischen Instabilitäten können durch sekundäre Stabilisierungsoperationen gute Ergebnisse erreicht werden. Frakturen am Ellenbogen betreffen am häufigsten das Radiusköpfchen im Rahmen von posterolateralen Rotationsinstabiliäten (PLRI), während distale Frakturen am Humerus oder Olekranonfrakturen durch Hochrasanztraumata auftreten. Die Indikation zur Osteosynthese richtet sich nach den üblichen Kriterien der Gelenkbeteiligung mit Stufenbildung, Fragmentdislokation und Instabilität mit Gefahr der sekundären Dislokation. Minimal-invasive Techniken am Radiusköpfchen sowie anatomisch vorgeformte winkelstabile Plattensysteme scheinen sich hier zu etablieren.
Verletzungen des Ellenbogengelenks im Wintersport sind relativ häufig. Die hohe Dynamik bei manchen Sportarten wie Snowboarden, Ski Alpin, Eishockey oder Nordischem Skilanglauf führt zu erhöhter Sturzgefahr mit Abfangbewegungen der ausgestreckten Arme. Dabei kommt es zu gezielter direkter oder indirekter Krafteinwirkung am Ellenbogen mit Risiko für Verletzungen der knöchernen und ligamentären Strukturen.
Einleitung
Genaue epidemiologische Daten zur Häufigkeit von Ellenbogenverletzungen im Wintersport gibt es kaum. Es werden Inzidenzen zwischen 0,4 % beim Alpinen Skilauf, 2 % beim Snowboarden und 8 %beim Eishockey berichtet [1–3]. Das Ellenbogengelenk besteht aus 3 einzelnen Teilgelenken innerhalb einer synovialen Gelenkkapsel: den Articulationes ulnotrochlearis, radio-capitellaris und radio-ulnaris proximalis. Der physiologische Bewegungsradius beträgt dabei 0–140°in Beugung-Streckung sowie 0–180° in Pronation-Supination.
Den wichtigsten knöchernen Stabilisator stellt das ulnotrochleare Gelenk dar mit primärer Stabilität < 20° sowie > 120° Beugung. Wichtigste ligamentäre Stabilisatoren stellen das mediale (MCL) und laterale (LCL) Kollateralband dar.Dabei ist medial in erster Linie das anteriore Bündel sowie lateral das „lateral ulnar collateral ligament“ (LUCL) für die Stabilität entscheidend. Als sekundäre Stabilisatoren dienen die Gelenkkapsel sowie die Muskulatur. Durch die anatomische Nähe zu Gefäß-Nerven-Strukturen kann es im Rahmen von akuten Verletzungen des Ellenbogens auch zu vaskulären und/oder neurologischen Ausfällen in der Peripherie kommen. Daher ist im Rahmen der klinischen Untersuchung eine entsprechende Abklärung zwingend erforderlich und immer zu dokumentieren. Dislozierte distale Humerusfrakturen können mit Nervenschäden einhergehen. Posterolaterale Luxationen können zu Läsionen des N. medianus und der A. brachialis führen, posteromediale Luxationen zu Läsionen des N. radialis. Verletzungen der A. brachialis treten bei ca. 5–13 % der Ellenbogenluxationen auf, meistens im Falle von offenen oder penetrierenden Verletzungen [4, 5]. Nervenverletzungen treten in bis zu 20 % der Ellenbogenluxationen auf und betreffen meistens den N. ulnaris und den Ramus interosseus anterior des N. medianus [6]. Aufgrund des gemeinsamen Verlaufs treten Verletzungen des N. medianus und der A. brachialis häufig gemeinsam auf.
Quelle: Orthopädie 2022 · 51:903–909
https://link.springer.com/article/10.1007/s00132-022-04315-9
Prof. Dr. M. Tauber
Deutsches Schulterzentrum, ATOS-Klinik München
Effnerstraße 38, 81925 München, Deutschland